Normalität? Wer glaubt denn an sowas?

Man würde eine Raupe kriechen hören, so konzentriert ist die Stimmung in diesem Raum, in dem 26 Seelen sitzen und sich über ‚Normalität‘ austauschen. Offenheit. Betroffenheit. Humor. Überraschung. Nachdenklichkeit. Lösungen. Auch Ungelöstes. Offenes. Luft. Es ist Raum für alles.

Auch für Fragen, die noch keine klaren Antworten gefunden haben. So wie diese: Sollte man, wenn man selbst mit einer Behinderung lebt, am besten einen Partner haben, dem es auch so ergeht, oder wäre einer ohne offensichtliche Behinderung besser? Wie macht man das mit der Wohnungseinrichtung, wenn ein kleinwüchsiger Mann eine durchschnittlich grosse Freundin hat? Welche Sprache verwendet (erfindet?) man, wenn man sich als sehbehinderte Frau in einen gehörlosen Mann verliebt? Welche Grenzen sollten gelockert werden, damit eine wahre Integration von Personen mit einer Behinderung stattfinden kann? …damit niemand bloss aufgrund körperlicher Differenzen von einem Beruf ausgeschlossen wird, den er sonst mit Leidenschaft und Kompetenz ausüben könnte?

Ja, unsere Gesellschaft braucht vielleicht noch etwas Zeit, um Antworten zu finden und zu leben. Die Raupe ist eben noch eine Raupe. Doch Raupen verpuppen sich und werden zu Schmetterlingen. Es war förmlich spürbar, dass unsere Lernenden durch den ehrlichen und tiefgründigen Austausch in diesem Prozess einige Schritte weitergekommen sind.

Vera R.